FRAGEN öffnen den KÓSMOS Teil 2

Lieber Mensch, liebe Freundinnen, liebe Freunde, 

wenige Stunden nach dem Erscheinen meines letzten Blogartikels erreichten mich Emails, unter anderem mit der Bitte "doch endlich auch einmal meine Fragen mir selbst zu beantworten, bzw. ob ich das denn schon einmal getan hätte".  Diese Bitte nehme ich nun am heutigen Silvsternachmittag zum Anlass mir selbst diese Fragen zu stellen und die Antworten hier offenzulegen. 

Der amerikanische Künstler Cy Twombly hat es mir schon seit langem mit seinen oft großformatigen Bildern angetan. Ihn würde ich, so er denn er noch leben würde, um ein Porträt bitten. Twombly malte in den Jahren vor seinem Tod sogenannte  "Rosen-Bilder", für zwei der Bilder verwendete er Gedichte von Ingeborg Bachmann. Twombly würde Fotos von mir verfremden und übermalen in satten, leuchtenden Farben, rot und viel blau - zu einem meiner Lieblingsgedichte "Nicht fertig werden" von Rose Ausländer. 

Nicht fertig werden
Die Herzschläge nicht zählen
Delphine tanzen lassen
Länder aufstöbern
aus Worten Welten rufen
horchen was Bach
zu sagen hat
Tolstoi bewundern
sich freuen
trauern
höher leben
tiefer leben
noch und noch
Nicht fertig werden
— Rose Ausländer

Martin Luther schrieb im 16. Jahrhundert "Jeder Mensch ist ein Theologe", Joseph Beuys sagte im 20. Jahrhundert "Jeder Mensch ist ein Künstler". Beide drücken sich unterschiedlich aus, meinen aber, so denke ich, das Gleiche. Jeder Mensch hat die Aufgabe sein Leben selbst zu deuten und zu gestalten, dies ist ein fließender Prozess, das Ergebnis ist immer nur vorläufig. Meine momentanen Lebensregeln sind diese: Lass dich führen - von dir selbst. Übe dich in der Anbetung der Schöpfung. Lass los! Die wesentlichen Dinge kann man nur empfangen. Bleibe in Bewegung. Übernimm die volle Verantwortung. Vermeide Bitterkeit und Groll. Halte deine Seele durch Gebet und Meditation in der Stille. 

Meine ultimativen Mutmacher vergangenes Jahr waren meine Mutter und  Veit. Meine Mutter, die immer an mich glaubt, mich vorbehaltlos unterstützt - auch bei dem ihr fremden und unvertrauten und Veit, der oft die (meine) Zauberworte spricht und mich beharrlich erinnert an meinen eigenen Fokus. Wonach sehnte sich meine Seele dieses Jahr? Das vergangene Jahr erlebte ich als mich manchmal schmerzhaft dehnend, weitend. Immer wieder trat ich an auf meiner Übungsmatte, auf Neuanfang, Aufbruch eingestellt. Ich hörte meine eigenes Leben, mich selbst, verlangen nach Erweiterung, Erneuerung, Vielfalt und Kooperation; Zugehörigkeit, Solidarität und Austausch und andererseits nach neuen Impulsen, Bewegung und kreativem Schaffen; Hand in Hand mit anderen, voller Möglichkeiten, dicht und wirkungsvoll. Ich wünschte mir auf diesem Weg einen Begleiter - einen mit unbändiger Neugier für alles, was sich bewegt, entwickelt und alles, was sich nicht bewegen lässt und sich in den Weg stellt. Einen, der nicht aufhören würde, klug und mit feinsinnigen Worten nachzufragen und genau damit meine Gedanken, meine Vorstellungen, mein inneres Wissen, meine Erfahrungen ans Licht holen würde und zusammenfügen würde zu Antworten. Antworten, die aus mir selbst kommen - und die ich doch allein viel schwerer oder manchmal nie gefunden hätte. 

So erlebe ich häufig meine Gespräche. Der andere - du - trittst ein in winterlichen Hüllen und legst diese nach und nach angesichts der wärmenden menschlichen Begegnung und der Helligkeit deines eigenes Denkens ab.Erinnerst du dich an den Tag, an dem du deinen Wintermantel ausgezogen hast, weil die Sonne so warm schien? In diesem Moment liegt die Gewissheit, dass es wieder einen Sommer geben wird. 

Lieber Mensch! Fragen sind eine Himmelsleiter. Genieß die Aussicht! Ein leises Staunen mit Blick an den Horizont des gerade auftauchenden Jahres 2017, Vertrauen in dich selbst und in das Leben und Frieden auf Erden wünsche ich dir und uns allen.

Herzlichst