Lieber Mensch,
haben Heilung, der Prozess des Heilwerdens und Spiritualität etwas miteinander zu tun? Ich meine, ja. Viele Formen von Heilbehandlungen wirken - aber sie sind begrenzt. Therapeutisches Arbeiten kann helfen, Probleme zu lösen und Selbstliebe und Selbstvertrauen zu entwickeln. Doch - sie besänftigen die innere Sehnsucht nicht wirklich und führen nicht zu einem "nach Hause" kommen. Ich meine, es geht darum, dem inneren Gefängnis zu entkommen und wahre Freiheit zu erlangen und meine Erfahrung sagt mir, dass therapeutisches Arbeiten oft nur die "Haftbedingungen" verbessert.
„Sei nicht besorgt, wenn du mein Reden nicht verstehst. Solange du nicht über die Erfahrung verfügst, wirst du davon nichts verstehen.“
Durch eine spirituelle Perspektive zur inneren Freiheit
Fast alle spirituellen Wege zielen auf das Erfahren der "Auflösung des Ichs". Und dann? Ein Ich ohne Ich? Geht das überhaupt? Ist das erstrebenswert? Führt dies zu einem glücklichen, gelingenden Leben? Ich meine, nein. Auf dem Weg, den ich hier versuche zu beschreiben, findet ein Erkennen, eine Lockerung und ein Loslassen der Ich-Identitäten statt. Das Ich wird nicht kleiner - sondern größer, sich selbst weitend, sich selbst umarmend, mit zunehmend weniger Angst, immer liebender. Vom Ich zum ICH. Häufig wird der spirituelle Weg als ein Weg des Übens verstanden: Üben von Yoga, üben von bestimmen Sitzpositionen, üben von Mitgefühl, üben von Meditation. Aber dies, von dem ich hier spreche, kann nicht geübt werden. Und ja, ich kann Bedingungen schaffen, die einen guten Boden bilden.
Aufwachen kann nicht eingeübt werden
Ich meine, dass eine zunehmende Veränderung der inneren Haltung nötig ist. Eine Haltung, in der ich bereit bin, alles zu erfahren, was auftaucht, auch die tiefe Angst vor der Bodenlosigkeit, dem Tod und dem Alleinsein. Nicht der Schmerz, sondern das Weglaufen schafft den Alptraum und die innere Verkrampfung. Es geht darum, den Schmerz, die Angst vollständig zu fühlen und zugleich weder wegzulaufen noch zu agieren, sondern still zu bleiben. Und genau hier entsteht das innere Feuer. Den Schmerz, die Angst willkommen zu heißen und das zu entdecken, was tiefer liegt.
In der traditionellen Meditation lernt der Meditierende nur der Beobachter zu sein und sich nicht mehr von dem Gefühl erfassen zu lassen. Bin ich mein Gefühl? Oder habe ich mein Gefühl? Im therapeutischen Arbeiten lernt der Mensch, Gefühle auszudrücken, zu bearbeiten oder in Körperarbeit umzusetzen. Und in diesem dazwischen, geht es nun nicht um ein Dissoziieren (Trennen) durch das nur Beobachten, noch um ein Ausagieren. Sondern um ein Drittes: Im Gefühl bleibend, den Impulsen nicht folgend, verbrennt das Gefühl, verbunden mit einem Fallen in die Bodenlosigkeit und gleichzeitig mit einer inneren Bereitwilligkeit völlig zu sterben. In diesen Augenblick hinein zu sterben - zu Frieden und innerer Stille, Zeitlosigkeit, Grenzenlosigkeit, Glückseligkeit.
„Mein Körper wurde wie unbeweglich angewurzelt. Der Atem wurde aus meinen Lungen gesogen wie von einem großen Magneten. Seele und Verstand verloren ihre körperliche Gebundenheit und strömten heraus wie ein fließendes Licht aus jeder Pore. Das Fleisch war wie tot. Doch war ich mir in meiner intensiven Bewusstheit klar, dass ich niemals vorher voll am Leben gewesen war. Mein Identifikationssinn war nicht länger eng an einen Körper gebunden, sondern umfasste die umgebenden Atome. Menschen auf entfernten Straßen schienen sich über meine eigene ferne Peripherie zu bewegen. Die Wurzeln der Pflanzen und Bäume erschienen durch eine dunkle Transparenz des Bodens, und ich sah den inneren Fluss ihrer Säfte.
Meine normale Sicht war jetzt zu einer riesigen sphärischen Sicht geworden, alles gleichzeitig wahrnehmend. Ein Ozean der Glückseligkeit erwachte auf den ruhigen endlosen Ufern meiner Seele. Ich bemerkte, daß der Geist Gottes unerschöpfliche Glückseligkeit ist. ......das ganze Universum schimmerte schwach erleuchtet wie eine nächtliche Stadt in der Unbegrenztheit meines Seins ... .“
Braucht man, um dieses zu erfahren, einen Lehrer? Ja. Denn es ist um so vieles leichter. - Der Schüler fühlt auf diesem Weg tiefe Dankbarkeit für das Sein des Lehrers - was macht nun der Lehrer mit der Dankbarkeit? Er reicht sie weiter. Nur wohin? Nach oben natürlich (lächel ...). Denn der Lehrer weiß, dass die Dankbarkeit des Schülers sich an etwas Anderes, etwas Tieferes und zugleich Höheres richtet. Auch ich - bin Schülerin und Lehrerin zugleich.
Herzlichst